Länder des Globalen Südens sind aktuell mit einer sich immer weiter zuspitzenden Schuldenkrise konfrontiert. 2024 mussten verschuldete Staaten im Globalen Süden so viel Schuldendienst an ihre ausländischen Gläubiger leisten wie noch nie.
Mehr als die Hälfte der Länder im Globalen Süden befinden sich in einer kritischen oder sehr kritischen Schuldensituation. Und das gilt nicht nur für die ärmsten Länder, sondern auch für Mitteleinkommensländer wie Sri Lanka. Dringend notwendige Investitionen in Bildung, Gesundheit und Klimaschutz sind durch den erdrückenden Schuldendienst massiv erschwert. In Zeiten hoher globaler Zinsen können viele kritisch verschuldete Staaten den hohen Schuldendienst nur noch leisten, wenn sie dafür an anderen Stellen stark einsparen. Das zeigt auch die Halbzeitbilanz der Agenda 2030: Bei fast allen Zielen gibt es Stagnation oder deutliche Rückschritte, und ein Grund dafür ist die weltweite Schuldenkrise.
Gleichzeitig handelt es sich bei Staatsschulden um die einzige Art von Schulden, bei der im Überschuldungsfall der nötige Restrukturierungsprozess nicht durch rechtliche Rahmensetzungen geleitet wird. In vielen Staaten gibt es Insolvenzgesetze, die überschuldeten Unternehmen und Privatpersonen individualrechtlichen Schutz gewähren und die angesichts gegensätzlicher, aber legitimer Interessen beider Seiten zu einer fairen Entschuldung führen. Im Vordergrund steht dabei immer das (Über-) Leben des Schuldners in Würde. Für Staaten gibt es einen solchen Rechtsrahmen nicht. Wenn Staaten über ihre Schulden verhandeln, geschieht dies ohne standardisierte Regelsetzungen.
Verfahren zur Restrukturierung von Staatsschulden werden daher in der Regel von Gläubigern dominiert – Schuldnerstaaten sind damit vom Wohlwollen und der Willkür ihrer Gläubiger abhängig. Die Ergebnisse aktueller Verhandlungen zwischen Gläubigern und kritisch verschuldeten Ländern wie Sambia, Suriname und Sri Lanka zeigen einen gefährlichen Trend: Ausreichende Schuldenstreichungen gibt es nicht. Es sind die Menschen in den Schuldnerländern, die die Kosten der Krise einseitig tragen müssen und beispielsweise unter extremer Sparpolitik leiden.
Faire Entschuldung heißt für uns, dass alle Staaten daran beteiligt sein müssen, die Regeln im Umgang mit Überschuldungssituationen zu setzen und dass die Achtung der Menschenrechte dabei im Zentrum steht. Schuldenstreichungen müssen umfassend genug sein, um sozialer und wirtschaftlicher Verelendung entgegenzuwirken und demokratische Handlungsspielräume zu bewahren.
2025 ist ein Chancenjahr für Schuldengerechtigkeit. Es finden wichtige internationale Konferenzen statt, durch die endlich Reformen für faire Entschuldung auf den Weg gebracht werden können. Das große Potenzial wollen wir nutzen, um auf notwendige Schuldenstreichung und die Reform des globalen Finanzsystems aufmerksam zu machen.
Ein zentrales Momentum ist die Vierte Internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (FfD4) in Sevilla, Spanien. Seit 2002 hat es erst drei solcher globaler Konferenzen zur Entwicklungsfinanzierung gegeben. Für die vierte Konferenz im Jahr 2025 haben sich vor allem Länder des Globalen Südens stark gemacht. Dieses Mal steht das Schuldenthema ganz oben auf der Agenda. Länder des Globalen Südens, zum Beispiel die Gruppe der afrikanischen Staaten in den Vereinten Nationen, fordern eine gerechte Reform der internationalen Schuldenarchitektur, die ihnen mehr Mitspracherecht bei Fragen der globalen Finanzpolitik und der Ausgestaltung von Entschuldungsverfahren gibt.
Diese internationalen Konferenzen fallen zusammen mit dem vom Papst ausgerufenen Heiligen Jahr 2025 in der katholischen Kirche. Im Heiligen Jahr hat Papst Franziskus auch globale Verschuldung zum Thema gemacht. Er forderte von den „reicheren Nationen“, sich zu entschließen, „denjenigen Ländern die Schulden zu erlassen, die sie niemals zurückzahlen können“. Dabei handele es sich „nicht so sehr um eine Frage der Großmut, sondern der Gerechtigkeit“. Außerdem betont er die ökologische Schuld des Nordens gegenüber dem Süden.
Dass Schulden mit Macht und Ungleichheit zusammenhängen, ist schon in den Schriften und Traditionen von Judentum, Christentum und Islam bekannt. So schreiben etwa das 3. und 5. Buch Mose alle 7 Jahre ein Sabbatjahr vor. Im Sabbatjahr liegt das Land brach und Schuldsklaverei wird aufgehoben. Laut dem Alten Testament bzw. der Tora sollte alle 7 Sabbatjahre (also rund alle 50 Jahre) zudem ein sog. „Jubeljahr“ oder „Erlassjahr“ stattfinden. Im Erlassjahr sollen Schulden gestrichen, versklavte Menschen freigelassen und verpfändetes Land an seine ursprünglichen Besitzer*innen zurückgegeben werden. Die Texte zum Jubeljahr in der Bibel haben eine hohe Aktualität im Zusammenhang mit den aktuellen Schuldenkrisen im modernen Kapitalismus. Denn die Regeln für ein Jubeljahr-, bzw. Sabbatjahr schränken das Recht von Gläubigern ein, ihre Ansprüche einzutreiben und schützen somit vor allzu großer gesellschaftlicher Polarisierung.
Vom biblischen Erlassjahr inspiriert, entstand Ende der 1990er Jahre die “Erlaßjahr2000”-Kampagne. Die Kampagne forderte einen Schuldenerlass für damals hoch verschuldete Länder. Sie wurde zu einer der größten entwicklungspolitischen Mobilisierungen überhaupt. Millionen Menschen weltweit unterstützten die Forderung nach Entschuldung. Daraufhin wurden 37 Staaten über die folgenden Jahre circa 120 Milliarden US-Dollar Schulden gestrichen – für die begünstigten Länder ein Neuanfang nach jahrzehntelanger Verschleppung der Schuldenkrise.
Schuldenkrisen jetzt beenden! Illegitime und untragbare Schulden streichen ohne wirtschaftspolitische Auflagen!
Illegitime Schulden streichen! Als illegitim gelten Schulden dann, wenn sie gegen geltendes Recht verstoßen oder die Gläubiger schon bei der Kreditvergabe gegen anerkannte internationale Normen verstoßen haben. Sie sollten dann gestrichen werden, ganz egal, ob die Schulden noch tragbar sind oder nicht.
Untragbare Schulden streichen! Untragbar sind Schulden dann, wenn die Schuldenlast so hoch ist, dass der Schuldendienst an die Gläubiger des Landes nur auf Kosten der Lebensgrundlagen der Bevölkerung und von Investitionen in die nachhaltige Entwicklung des Landes aufrechterhalten werden kann. Ist die Schuldenlast eines Landes erdrückend, so müssen Schuldenstreichungen ausreichend hoch sein, um die Schuldenlast unter Berücksichtigung menschenrechtlicher Erwägungen auf ein tragbares Maß zu reduzieren, um so eine anhaltende wirtschaftliche Erholung zu ermöglichen.
Und das ohne wirtschaftspolitische Auflagen! Schuldenrestrukturierungen, wie sie derzeit durchgeführt oder in der Politik diskutiert werden, sind oft an wirtschaftspolitische Auflagen geknüpft. So müssen sich Staaten beispielsweise zu massiven Kürzungen des Staatshaushaltes verpflichten, was oft zu Kürzungen in sozialen Bereichen führt oder, wie in Sri Lanka, zur Veräußerung wichtiger öffentlicher Infrastruktur. Das schränkt die staatlichen und damit auch die demokratischen Handlungsspielräume in den Ländern ungebührend ein. Die Streichung untragbarer und illegitimer Schulden muss hingegen als Recht des Schuldners verankert werden – ganz ähnlich wie in Insolvenzverfahren für Privatpersonen.
Ursachen von Schuldenkrisen angehen und das globale Finanzsystem gerechter machen! Menschen und den Planeten in den Mittelpunkt stellen!
Die zweite Forderung der Kampagne zielt darauf ab, die strukturellen Ursachen von Schuldenkrisen anzugehen und grundlegende Reformen des globalen Finanzsystems voranzutreiben. Ein gerechteres Finanzsystem soll sicherstellen, dass Schulden nicht zur dauerhaften Last für Länder werden und die sozialen und ökologischen Bedürfnisse der Menschen berücksichtigt werden.
Dabei geht es um mehr als nur kurzfristige Lösungen für bestehende Schuldenkrisen: Es müssen auch die Rahmenbedingungen verändert werden, die Schuldenkrisen überhaupt erst entstehen lassen. Das bedeutet, dass Länder des Globalen Südens faireren Zugang zu Finanzmitteln erhalten und stärker vor externen Schocks, wie Naturkatastrophen oder plötzlichen Kapitalabflüssen, geschützt werden. Es bedeutet auch, dass Länder des Globalen Südens mehr Mitspracherecht in entscheidungsrelevanten Gremien brauchen. Gleichzeitig sollte auch sichergestellt werden, dass Kredite verantwortungsvoll vergeben werden, ohne die soziale Entwicklung oder die Umwelt zu gefährden.
Im Kern steht die Forderung, dass wirtschaftliche Entscheidungen nicht allein nach kurzfristigen Kapitalinteressen oder den Interessen mächtiger Gläubigerstaaten getroffen werden dürfen, sondern dass die Bedürfnisse der Menschen und der Schutz des Planeten Vorrang haben müssen. Hier finden sich mehr als 40 Reformvorschläge, wie die Schulden- und Finanzarchitektur in diesem Sinne reformiert werden kann. Diese sind selbstverständlich nicht ausschließlich zu sehen und vor allem auf die Schuldenarchitektur konzentriert.
Nachhaltige und faire Lösungen schaffen! Eine rechtsverbindliche Schuldenrahmenkonvention unter dem Dach der Vereinten Nationen vereinbaren!
Die Forderung nach einer UN-Staatsschuldenrahmenkonvention zielt darauf ab, einen verbindlichen und fairen Rahmen für den Umgang mit Staatsschulden zu schaffen. Eine Rahmenkonvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag, in dem wichtige Grundprinzipien und Ziele rechtsverbindlich festgelegt werden.
Zentraler Aspekt der Forderung ist die Verständigung auf Kernprinzipien, die im Falle von Staatsschuldenrestrukturierungen Anwendung finden und in dem Sinne die Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens, wie es schon viele Jahre von Entschuldungsbewegungen weltweit gefordert wird. Im Gegensatz zu den bisherigen, freiwilligen und oftmals intransparenten Verfahren, die stark von Gläubigern dominiert werden, würde so ein transparenter, vorhersehbarer und geregelter Prozess geschaffen, bei dem die Wahrung der Menschenrechte im Vordergrund steht und alle Beteiligten, einschließlich betroffener Staaten und ihrer Bevölkerung, fair in den Prozess einbezogen werden. Nur die Schaffung eines solchen fairen und transparenten Staateninsolvenzverfahrens kann sicherstellen, dass auch Staaten endlich von einem ähnlichen Insolvenzschutz wie Privatpersonen oder Unternehmen unter nationalen Insolvenzgesetzen profitieren können (siehe Frage 1). Die in der Rahmenkonvention festgelegten Prinzipien könnten in der Zukunft durch Ergänzungen (sogenannte Protokolle) des völkerrechtlichen Vertrags weiter präzisiert werden.
Neben der Etablierung eines Staateninsolvenzverfahrens sieht die Forderung nach einer UN-Schuldenrahmenkonvention neun weitere Reformen vor, durch die verbindliche Regeln, die die Menschenwürde in den Mittelpunkt stellen, für den gesamten Schuldenzyklus festgelegt und die internationale Schuldenarchitektur insgesamt gerechter gestalten sollen. Dazu gehören verbindliche Prinzipien für verantwortungsvolle Kreditvergabe und -aufnahme sowie die Schaffung nationaler Gesetze in wichtigen Finanzzentren, um die angemessene Beteiligung aller Gläubiger – insbesondere privater Gläubiger wie Banken und Fondsgesellschaften – an Schuldenrestrukturierungen sicherzustellen.
Zum aktuellen Zeitpunkt ist der endgültige Adressat der weltweit gemeinsam gesammelten Unterschriften noch nicht festgelegt. Grundsätzlich richtet sich die Kampagne aber an politische Entscheidungsträger*innen sowohl im nationalen wie im internationalen Kontext, die die Schuldenpolitik und die Funktionsweise der internationalen Finanzarchitektur maßgeblich mitbestimmen. Hier in Deutschland addressieren wir die Bundesregierung, insbesondere die für das Thema federführenden Bundesfinanzminister*innen. Dies sowohl im Hinblick auf die Rolle Deutschlands als Gläubiger von Staaten, viel mehr aber noch als verantwortliche Mitglieder im Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und Institutionen wie den G20.
Staatsschulden können sowohl im Globalen Süden als auch im Globalen Norden zu einem Problem werden. Während Länder im Globalen Süden jedoch häufiger von Schuldenkrisen, insbesondere von öffentlichen Auslandsschuldenkrisen, betroffen sind, war in Deutschland in den letzten Jahren eher das Problem, dass die Zurückhaltung bei der Aufnahme öffentlicher Kredite wichtige Zukunftsinvestitionen erschwert hat.
Die spezifische Verwundbarkeit von Ländern des Globalen Südens hängt mit mehreren Faktoren zusammen: Ihre Wirtschaften sind oft weniger diversifiziert und stark von wenigen Exportgütern abhängig, was sie anfälliger für Preisschwankungen auf den Weltmärkten macht. Länder des Globalen Südens müssen oft viel höhere Zinsen zahlen als Länder im Globalen Norden, weil sie als weniger „kreditwürdig“ gelten. Zudem sind ihre Volkswirtschaften stärker von klimawandelbedingten Naturkatastrophen betroffen. Die globalen Wirtschaftszyklen werden überwiegend von Ländern des Globalen Nordens bestimmt, was den Globalen Süden zu sogenannten „cycle takers“ macht: Schuldenkrisen brechen dort oft in Zeiten aus, in denen Kapital in vermeintlich sichere Länder des Nordens zurückfließt, wodurch die Refinanzierung für den Globalen Süden teurer und schwieriger wird.
Ein entscheidender Unterschied liegt auch darin, dass Länder des Globalen Nordens sich meist in ihrer eigenen, stabilen Währung verschulden können. Diese „Hartwährungen“ erlauben es ihnen, die Bedingungen ihrer Refinanzierung weitgehend selbst zu bestimmen. Japan zum Beispiel kann sich seit Jahren eine Schuldenquote von über 200 Prozent des BIP leisten, ohne dadurch in eine Krise zu geraten.
Länder des Globalen Südens hingegen müssen sich oft in ausländischen Währungen wie US-Dollar oder Euro verschulden. Das bedeutet, dass sie diese Währungen durch den Export oder andere Einnahmen erst erwirtschaften müssen, um ihre Schulden zurückzuzahlen. Zudem haben sie mit ihren „Weichwährungen“ weniger geldpolitischen Spielraum, um wirtschaftliche Krisen abzufedern.
Der “Globale Süden” ist keine geografische Kategorie. Somit gehören geografisch nördliche Staaten wie die Mongolei und Afghanistan zum Globalen Süden. Der Begriff beschreibt die Situation in Ländern, die politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich benachteiligt sind, möglichst wert- und hierarchiefrei. Dass es diese Ungleichheiten gibt, hängt auch mit der europäischen Kolonialgeschichte und daraus hervorgegangenen globalen Machtstrukturen zusammen.
Grundsätzlich sind Kredite ein normales und legitimes Mittel der Entwicklungsfinanzierung. In den meisten Fällen werden Schulden auch zurückgezahlt. Doch es gibt Situationen, in denen die aufgenommenen Schulden nicht in Gänze zurückgezahlt werden können und das Recht von Gläubigern, ihre legitimen Ansprüche einzutreiben, eingeschränkt werden muss. Aus diesem Grund gibt es vielerorts für Privat- und Unternehmensschulden Insolvenzgesetze. Hierbei ist nicht die Bereitschaft der Reichen und Herrschenden maßgeblich. Schuldenerlass soll dann gewährt werden, wenn es notwendig ist. Der Zugang zu einem fairen Insolvenzverfahren ist unabhängig von der Wohltätigkeit gegenüber armen Menschen – Es ist ein Recht, das Privatpersonen haben und das auch Staaten gebühren sollte.
Doch Verfahren, denen sich Staaten derzeit im Falle von Schuldenproblemen unterwerfen müssen, haben deutlich mehr Ähnlichkeit mit den mittelalterlichen Praktiken der Schuldeneintreibung als mit Verfahren auf Basis rechtsstaatlicher Prinzipien. Dass es keine Regeln im Sinne von Insolvenzregeln für Staaten gibt, führt auch zu unverantwortlicher Kreditvergabe, denn Gläubiger können darauf wetten, dass sie ihr Geld wieder bekommen, entweder indem sie diese über Gerichte oder über öffentliche Finanziers wie den IWF eintreiben lassen. Oft vergeben private Gläubiger riskante, hochverzinste Kredite, durch die sie sich das Ausfallrisiko absichern lassen. Doch wenn die Wette schief geht, tragen diese in den seltensten Fällen das Risiko, für das sie fürstlich entschädigt wurden, sondern bestehen auf volle Rückzahlung. Auch Geber wie der IWF geben oft Kredite in nicht mehr tragbaren Schuldensituationen und tragen somit die Mitverantwortung dafür, wenn eine Schuldenkrise sich verschärft.
Häufig ist ein Argument gegen Schuldenerlasse, dass Schuldenstreichung ja den deutschen Steuerzahler belaste. Dieses Argument ist nur teilweise haltbar. Denn: gerade einmal 13 Prozent der Forderungen an den Globalen Süden werden von anderen Regierungen gehalten; die Forderungen der Bundesregierung spielen auf aggregierter Ebene kaum eine Rolle. Den Löwenanteil an der Verschuldung des Globalen Südens machen private Gläubiger, insbesondere internationale Anleger aus. Für diese ist die Vergabe von Krediten an Länder des Globalen Südens kein Freundschaftsdienst, sondern ein Geschäft: Ein Kredit wird vergeben, weil sich der Kreditgeber einen Profit erhofft. Das kann er, weil er für den Kredit Zinsen verlangt. Mit dem Zins wägt er auch das Risiko ab. Befürchtet er, sein Geld möglicherweise nicht wiederzubekommen, verlangt er einen entsprechend höheren Zins. Damit schließt er sozusagen eine Wette drauf ab, dass er richtig kalkuliert hat. Hat er richtig geplant, bekommt er das geliehene Geld zurück und den vereinbarten Zins obendrauf. Geht die Wette nicht auf, wurde er für das Risiko entsprechend schon vorab durch den Zins entschädigt.
Für den Steuerzahler wird es dann teuer, wenn Schuldenkrisen nicht zeitig gelöst, sondern jahrelang verschleppt werden. In der Vergangenheit wurde, anstatt zeitig eine Schuldenrestrukturierung auszuhandeln, die Krise oft erst einmal mit öffentlichem Geld finanziert. So konnten sich die ursprünglichen Gläubiger zurück ziehen, ohne einen Teil zur Krisenlösung beizutragen, während ggf. öffentliche Geber später einspringen müssen.
Entsprechend geht es bei den Forderungen der Kampagne auch nicht um einen vollständigen Erlass aller Schulden des Globalen Südens, sondern um eine rasche, faire Lösung im Sinne aller Beteiligten.
Die Kampagne “Erlassjahr 2025 – Turn Debt Into Hope” ist der deutsche Ableger der internationalen Kampagne “Turn Debt Into Hope”, die von Caritas Internationalis initiiert wurde. Hinter der deutschen Kampagne steht ein breites Bündnis aus kirchlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen und Bewegungen. Koordiniert wird die Kampagne in Deutschland vom Bischöflichen Hilfswerk Misereor und dem deutschen Entschuldungsbündnis erlassjahr.de.